Es ist kaum auszudenken: Am Wochenende ließ ein Bauherr ein Gebäude abreißen, das der Rat der Stadt am Tag zuvor beschlossen hatte, unter Schutz zu stellen. Dies regte den Göttinger Stadtbaurat, Thomas Dienberg, derart auf, dass er sofort zur Baustelle eilte und den Abriss stoppen ließ.
Zwar hatte der Rat der Stadt den Beschluss bereits gefasst, er war aber noch nicht im Gesetzblatt veröffentlicht worden und damit noch nicht rechtskräftig. Dies hinderte den Stadtbaurat aber nicht daran, den Beschluss bereits als bindend zu betrachten.
Auf Nachfrage zeigte sich der Eigentümer des Gebäudes verwirrt.
»Wir verstehen nicht, was Herrn Dienbergs Problem ist. Wir sind doch nur seinem eigenen Beispiel gefolgt. Der Stadtbaurat hat doch erst vor knapp zwei Jahren vorgemacht, dass das genau die Art von Vorgehen ist, die er bevorzugt.«
Bezug nimmt der Eigentümer dabei auf den Abriss des ungenutzten EAM-Gebäudes in Göttingen.
Dies hatte die Denkmalbehörde des Landes am 18. Oktober unter Denkmalschutz stellen lassen, dem Eigentümer aber noch Zeit für eine Stellungnahme gegeben.
Die Zeit bis zur Stellungnahme, in der die städtische Verwaltung und der Eigentümer die Eintragung als Denkmal noch nicht als rechtskräftig betrachteten, nutzten die Stadt und der Eigentümer, um das Gebäude noch schnell abzureißen. Ein Einschreiten der Denkmalbehörde kam daraufhin zu spät, das Gebäude war nicht mehr rettbar.
Auf die Frage, wie der Stadtbaurat zu dem Zusammenhang stehe antwortete er: »Die Situation liegt völlig anders. Als ich damals das EAM-Gebäude abreißen ließ, war das meine Entscheidung. Hier wird etwas getan, das ich nicht wollte. Sie sehen also, die Situationen sind völlig verschieden. Tu was ich sage, nicht was ich tue!, lautet die Devise.«
Was als rechtskräftig zu betrachten ist und was nicht, das entscheide er persönlich, niemand sonst.